Der bekannte Autor und Pfarrer Axel Kühner berichtet von einer wahren Begebenheit aus der Zeit der russischen Revolution vor etwas mehr als 100 Jahren:
Liebe und Tod haben etwas gemeinsam. Sie sind unwiderstehlich. Sie haben eine Macht an sich, der sich schließlich alle beugen müssen. Gegen den Tod anzukämpfen ist letztlich genauso aussichtslos wie der Liebe zu entgehen.
Nach der russischen Revolution 1917 tobte mehrere Jahre ein erbitterter Bürgerkrieg zwischen der konservativen Bevölkerung, den Weißen, und den Kommunisten, den Roten. Zu dieser Zeit ging ein orthodoxer Priester eine Straße entlang und sah, wie Soldaten der Weißen Armee einen kommunistischen Soldaten hinrichten wollten. Der Offizier des Exekutionskommandos sah den Priester und grüßte ihn mit dem üblichen Gruß in Russland: „Segne uns, Vater!“. Der Priester antwortete: „Ich kann einen Mord nicht segnen!“. Die Weißen waren durch die Worte des Priesters betroffen und ließen ihren Gefangenen frei.
Einige Zeit später rief eine Frau den gleichen Priester zu ihrem sterbenden Sohn, um diesen zu begleiten. Als der Priester das Haus betrat, schrie der Sohn wütend: „Ich will keinen Geistlichen! Diese Schmarotzer sollen alle umgebracht werden. Ich bin Kommunist und kann Religion nicht ausstehen.“ Doch dann erkannte er in dem Mann den Priester, der ihm neulich das Leben aus der Hand der Weißen gerettet hatte. „Du hast mir das Leben gerettet. Aber ich hatte den Auftrag, dich umzubringen. Siehst du das Messer auf dem Tisch? Wenn du das gewusst hättest, hättest du dann genauso gehandelt?“
„Auch dann“, antwortete der Priester, „hätte ich keinen Mord gesegnet, denn Gott hat für uns alle Vergebung und Liebe bereit. Seine Liebe ist stärker als der Tod. Nun hat mich Gott ein zweites Mal zu dir geschickt, um dich zu retten.“
Kurze Zeit später war der Mann tot. Doch der ganze Hass war aus seinem Leben gewichen und hatte der Liebe und Versöhnung Gottes Platz gemacht.
„Liebe ist stark wie der Tod!“ (Die Bibel, Hoheslied 8,6)