„Und ihr habt auch erlebt, wie der HERR, euer Gott, euch auf dem Weg durch die Wüste geholfen hat. Bis hierher hat er euch getragen wie ein Vater sein Kind.“ (5. Mose 1,31)
Liebe Freunde,
während die derzeitige Epidemie unseren Alltag fast zum Stillstand bringt, sprechen manche Leute von einer „Wüstenzeit“, in der wir uns gerade befinden: Vieles ist mühsam, auslaugend, frustrierend, bedrohlich und lebensfeindlich.
Wüstenzeiten sind nicht neu. Schon im Alten und im Neuen Testament gehörten Wüstenzeiten mit zu den prägenden und wegweisenden Zeiten für Gottes Volk: In der Wüste empfing Mose die 10 Gebote und das Gesetz, welches das Volk Israel endgültig zu einem Volk formte. Elia erlebte in der Wüste eine prägnante und lebensverändernde Gottesbegegnung. Johannes der Täufer predigte hier von dem kommenden Messias. Und Jesus verbrachte unmittelbar vor Beginn seines öffentlichen Wirkens vierzig Tage in der Wüste, wo er in Versuchungen durchhielt. Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen.
Was macht Wüstenzeiten so besonders? Während eine Wüste mit ihrer romantischen Schönheit und beeindruckenden Stille Touristen zu begeistern vermag, ist sie in Wirklichkeit jedoch ein äußerst lebensfeindlicher Ort. Die sengende Hitze und der Mangel an Wasser scheinen jedes Leben zu ersticken und Wachstum radikal zu hemmen. Ähnlich ergeht es uns in persönlich erlebten Wüstenzeiten, wenn viele der scheinbar wichtigen Dinge unseres Lebens in den Hintergrund treten, wenn Lebenskonzepte hinterfragt und bisher geglaubte Selbstverständlichkeiten auf die Probe gestellt werden.
Ich weiß von einigen Personen aus dem Umkreis der Evangelischen Gemeinde Kirchdorf, die von solchen persönlich erlebten Wüstenzeiten berichten, die sie erlebt und durchlebt haben – und aus denen sie letztendlich gestärkt wieder herausgekommen sind. Warum?
- Wüstenzeiten sind Krisenzeiten, in denen es nicht mehr um unwichtige Nebensächlichkeiten geht, sondern um das Überleben, um die existenziellen Grundfragen im Leben oder im Dienst.
- Aber jede Wüstenzeit kann zu einer Zeit der Vorbereitung werden und birgt das Potenzial eines Neuanfangs in sich. Wo die Prioritäten zurechtgerückt sind, wo man sich von manchem unnötigen oder auch ungesunden Ballast getrennt hat, kann Gott die Freiheit schenken für einen ganz neuen Anfang. Hier kann Neues wachsen.
- Und eine Wüstenzeit kann schließlich zu einer Zeit der Berufung werden. Wenn die Stimmen des Alltags in den Hintergrund treten, weil plötzlich nur mehr die existenziellen Dinge zählen, kann Gottes Stimme ganz neu und vielleicht auch deutlicher wahrgenommen werden.
In all den Herausforderungen, in denen wir uns derzeit befinden, dürfen wir somit wissen: Auch diese Wüstenzeit birgt – für jeden von uns – das Potenzial in sich, zu einer wegweisenden und somit lebensverändernden Zeit zu werden, in der Gott seine Segensspuren hinterlassen will. Und in der wir so wie in dem anfangs zitierten Vers rückblickend sagen können: „Bis hierher hat uns Gott getragen, wie ein Vater sein Kind!“