Der große Krieg hinterließ nicht nur tiefe Wunden in den Herzen der Menschen, er schuf auch einen tiefen Graben zwischen Ost- und Westdeutschland. Menschen, die zusammen gehörten, waren auf einmal getrennt.
Ich selbst bin im Osten Deutschlands, in Thüringen aufgewachsen, während mein Vater nach der Kriegsgefangenschaft im Westen sein neues Zuhause gefunden hatte. Er lebte wohl, aber ich konnte nicht zu ihm – zwischen uns lag ein unüberwindbarer Grenzzaun.
Eines Tages fuhren wir zu unserem Onkel, der an dieser Grenze wohnte. Und eines Nachts wurden wir geweckt:
„Kinder, heute geht’s zum Vater!“ Mein Onkel ging uns voraus. Er kannte den Weg und führte uns durch die Grenzsperren und zwischen den Wachttürmen hindurch. Unter Einsatz seines Lebens brachte er uns nicht nur in Sicherheit, er brachte mich vor allem zu meinem Vater zurück.
Diese persönliche Erfahrung hat mir die Augen für das geöffnet, was uns Jesus Christus im Johannesevangelium zuspricht:
„Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben. Ohne mich kann niemand zum Vater kommen!“ (Johannes 14,6)
Der Weg zu Gott ist möglich. Aber nicht durch Opfer, nicht durch guten Taten, nicht durch religiöse Übungen. Sondern mit seinem Lebensopfer hat Jesus selbst den Weg zum himmlischen Vater freigemacht.
Was mein Onkel für unsere Familie war, das ist Jesus für die Welt: Der Weg zum Vater!
(Diesen Text stammt von Lutz Kettwig und wurde einer früheren Ausgabe des „Neukirchner Kalenders“ entnommen).