Die Geschichte hinter der Geschichte

Das Buch „Ben Hur“ von Lew Wallace (1827-1905) gehört zu den großen Weltbestsellern. Dieser historische Roman, der Prototyp für viele weitere Werke dieses Genres werden sollte, wurde 1880 veröffentlicht und entwickelte sich zur unerwarteten Erfolgsgeschichte: Nur die Bibel wurde im 19. Jahrhundert öfter gedruckt als „Ben Hur“. Mindestens genauso bekannt wurden spätere Verfilmungen, insbesondere jene aus 1959 mit Charlton Heston in der Hauptrolle, die mit der Oscar-Verleihung in nicht weniger als 11 Kategorien zu den bis heute erfolgreichsten Filmen zählt.

Bemerkenswert ist die Geschichte, die diesem Buch zugrunde liegt. Lew Wallace war US-Amerikanischer Rechtsanwalt, General und Politiker, der dem christlichen Glauben gleichgültig gegenüberstand. Bei einer nächtlichen Zugfahrt hatte er ein Gespräch mit einem Stabsoffizier, der sich über Gott, Jesus Christus und den christlichen Glauben lustig machte. Obwohl Wallace selber nicht gläubig war, kam er ins Nachdenken und entschloss sich, die Bibel und den christlichen Glauben gründlich zu erforschen. Später schrieb Wallace in einer Autobiographie, dass die Begegnung mit dem spöttelnden Stabsoffizier zwei Folgen hatte: Zum einen seine persönliche Hinwendung zu Jesus Christus. Und zum anderen das Buch „Ben Hur“, in welchem die lebensverändernde Kraft des Glaubens an den auferstandenen Jesus Christus zum Ausdruck kommt.

„Mit der Botschaft vom Kreuz ist es nämlich so: In den Augen derer, die verloren gehen, ist sie etwas völlig Unsinniges; für uns aber, die wir gerettet werden, ist sie der Inbegriff von Gottes Kraft.“ Die Bibel, 1. Korinther 1,18 (NGÜ)

Der Erste und der Letzte

Unser Gehirn ist so flexibel, dass wir Wörter problemlos lesen können, auch wenn die Buchstaben durcheinander gemischt sind. Probiere es einfach aus und versuche, folgende zwei Sätze zu lesen:

„Es ist nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid. Wtihcig ist efnaich, dass der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid.“

Wahrscheinlich ist es dir problemlos gelungen: Es ist nicht wichtig, in welcher Reihenfolge die Buchstaben in einem Wort sind. Wichtig ist einfach, dass der erste und der letzte Buchstabe an der richtigen Position sind.

Dieses Phänomen wird manchmal als Ergebnis einer Studie verkauft, was nachweislich nicht stimmt. Es handelt sich um einen Hoax, also eine bewusste Falschmeldung im Internet. Tatsache ist jedoch, dass uns auch ohne Studie sehr deutlich wird, wie genial unser Gehirn arbeitet und Fehler ausbügeln kann. Wir lesen eben nicht Buchstaben für Buchstaben, sondern nehmen jeweils ganze Wörter wahr.

Dieses Phänomen hat mir geholfen, eine Aussage von Jesus Christus besser zu verstehen, von der wir mehrfach in der Bibel lesen: „Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“, sagt Jesus in Offenbarung 21,13.

Dort wo Wirren und Ungereimtheiten unser Leben durchziehen, dort wo wir Gott und uns selbst nicht mehr verstehen, dort will Jesus der Anfang und das Ende sein, der Erste und der Letzte. Er möchte die feste Konstante in unserem Leben sein. Es braucht Jesus, um unserem Leben die Bedeutung zu geben, die in den Höhen und Tiefen des Alltags oft nicht erkennbar ist.

Vielleicht hast du gerade den Eindruck, dass du manches in deinem Leben nicht mehr verstehst, oder es fällt dir schwer, Gott zu verstehen – dann darfst du dich einladen lassen, diese Wirren und Ungereimtheiten zwischen das A und O einzuordnen, indem du Jesus alles hinlegst und ihm sagst: Jesus, ich verstehe mich nicht mehr, ich verstehe die Welt um mich herum nicht mehr. Aber du verstehst sie, und mich. Ich will mein Leben und alle meine Lebensumstände bei dir einordnen, bei dir, der du der Erste bist und der Letzte.

In der Bibel finden wir nicht die Verheißung, dass Gott jedes Leid und jedes Problem von uns fernhält. Aber wir finden viele Verheißungen, dass Gott uns durchträgt, dass er uns der Erste und Letzte sein will, der unserem Leben Halt und Sinn gibt.

Der Zusammenhang

Nachdem die Lockerungsmaßnahmen so weit fortgeschritten sind, dass wir wieder Gottesdienste in fast gewohntem Rahmen feiern können, wird (wieder einmal) deutlich, wie viele Menschen im Hintergrund ihren ganz persönlichen Beitrag zu unserem Gemeindeleben leisten: Ob in der Technik oder in der Verkündigung, ob in der Bibliothek oder im Kindergottesdienst, ob in der Jugendarbeit oder in der Spielgruppe, ob in der Gestaltung und Wartung der Homepage oder bei der Erstellung des Pfarrbriefes… jeder Beitrag ist wichtig und trägt zum großen Ganzen bei. Diese Bedeutung der kleinen Beiträge und ihr Beitrag zum Gelingen des Großen und Großartigen bringt Autor und Pfarrer Axel Kühner in folgendem Beispiel sehr treffend auf den Punkt:

„Ein Bahnarbeiter ist auf einem Bahnhof damit beschäftigt, eine Eisenbahnschiene aus der Verankerung zu lösen. Der starke Mann schlägt mit einem schweren Hammer auf die Schiene los. Mehrmals trifft er präzise die gleiche Stelle. Aber die Schiene gibt nicht nach. Wieder und wieder schlägt der Arbeiter an die Eisenbahnschiene. Jetzt nimmt er den Hammer noch fester und schlägt weiter. Dann eine kleine Pause, und wieder hört man die Schläge an das Metall donnern. Noch immer ist kein Erfolg zu sehen. Da, beim 39. Schlag, springt die Schiene aus der Klammer. Zufrieden packt der Arbeiter an, um sie mit einem Arbeitskollegen wegzutragen.

Wie viele Schläge hat der Arbeiter umsonst getan? 38? Nein, keinen einzigen. Alle 39 Schläge waren nötig, um die Schiene zu lösen. Jeder der einzelnen Schläge hat seinen Teil dazu beigetragen, dass das Eisen sich schließlich löste. Jeder einzelne Schlag war wichtig für die Lösung des Ganzen.

Viele kleine Dinge ergeben ein großes Werk. Und jeder kleine Teil ist wichtig für den Zusammenhang.

Viele verschiedene Tage bilden ein ganzes Leben. Und jeder einzelne Tag ist wichtig für das Ganze.

Viele unterschiedliche Menschen sind zusammen Gottes großes Reich. Und jeder einzelne Mensch ist für Gott wichtig.

Es kommt nicht auf die Größe an, sondern auf die Treue zu einem Großen. Nicht große Dinge wollen wir tun, sondern viele kleine Dinge ganz großartig. Gott wird daraus die Lösung des ganzen machen. Gott ist im Großen treu, und wir wollen es im Kleinen sein.“

Jeder soll dem Anderen mit der Begabung dienen, die ihm Gott gegeben hat. Wenn ihr die vielfältigen Gaben Gottes in dieser Weise gebraucht, setzt ihr sie richtig ein. (1. Petrus 4,10)

Quarantäne

Vor wenigen Wochen war es noch ein Fremdwort, heute weiß buchstäblich jedes Kind, was unter Quarantäne zu verstehen ist. Die Vorstellung davon, wie es einem selber in einer solchen Isolation gehen würde ist dabei von Person zu Person sehr unterschiedlich: Manche sehen es entspannt und können dieser verordneten Zwangspause viel Positives abgewinnen. Für andere ist es eine absolute Einschränkung der Lebensqualität bis hin zur Angst vor der Isolation.

Aber um nicht bei theoretischen Gedanken bleiben soll jemand von uns zu Wort kommen, der diese Erfahrung selber gemacht und hinter sich gebracht hat. Hanna B. kommt aus der Evangelischen Gemeinde Kirchdorf und berichtet davon, wie sie ihre Covid-19-Infektion und die darauffolgende 23-tägige Quarantäne erlebt hat:

 „Als ich mein positives Testergebnis bekam, fühlte ich mich die ersten Tage sehr stark wie ein Aussätziger. In meinem Corona-Tagebuch habe ich es damals als „abstoßend, als Bedrohung, giftig und superinfektiös“ beschrieben. Ja nichts angreifen, was sich außerhalb meines Zimmers befindet und auch am Besten im Garten draußen niemanden anschauen und von niemandem gesehen werden! Quarantäne auf unbestimmte Zeit. Für mich waren da die ersten paar Tage die schwierigsten – zusätzlich ist mein Gesundheitszustand mehr als zwei Wochen lang täglich schlechter geworden…

Irgendwann kam mir dann folgender Gedanke: „Wie ist Jesus den Aussätzigen begegnet?“

Er ist ihnen mit derselben Liebe und mit demselben Mitgefühl begegnet wie allen anderen Menschen auch! Er hat sich sogar den Kranken und Aussätzigen besonders zugewendet, ihnen ihre Sünden vergeben und sie geheilt!

Und er hat mir ein Versprechen gegeben: „Ich bin mit dir alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Matthäus-Evangelium 28,20). Alle Tage inkludiert Gesundheit und Krankheit, es inkludiert Blütezeit und Krise, es inkludiert Freude und Trauer. In all dem ist Jesus nicht nur mit uns, sondern lebt in und durch uns! Er lässt mich nicht alleine, auch wenn ich mich von allen anderen isolieren muss, ist er doch nahe, voller Liebe und Mitgefühl. Dieser Gedanke hat mir sehr geholfen die Tage der Isolation als wertvolle Zeit zu zweit mit Jesus anzusehen. Und er hat sein Versprechen gehalten und mich durchgetragen!“

Nur Notar – oder Erbe?!

Dem bekannten englischen Naturforscher Isaac Newton wird folgendes Zitat nachgesagt: „Wir müssen das Evangelium nicht lesen, wie ein Notar ein Testament liest, sondern so, wie es der rechtmäßige Erbe liest!

Der Notar liest ein Testament, das eröffnet wird, verständlicherweise mit analytischem Blick, mit juristischem Sachverstand – aber ohne Herz. Er untersucht jeden Satz, jeden Ausdruck und überprüft, ob das Testament einwandfrei oder anfechtbar ist. Er liest das Testament kritisch und hinterfragt, wie es gemeint ist.

Genauso lesen manche Menschen ihre Bibel: Kritisch, nach Wiedersprüchen und Ungereimtheiten suchend. Dabei bleiben sie innerlich distanziert und unbeteiligt – ohne Gewinn und Freude.

Ein Erbe liest das Testament mit vollkommen anderem Blick. Bei jedem Satz freut er sich über die Aussagen, über sein Erbe, über das, was ihm geschenkt wird! Axel Kühner, Autor und Pfarrer, schreibt dazu: Gott hat uns seinen letzten Willen in der Bibel mitgeteilt. Seine beiden Testamente, das Alte und das Neue, gelten uns. Jesus hat seinen letzten Willen ebenfalls in Worte gekleidet: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, dort sind, wo ich bin. Sie sollen bei mir sein, damit sie meine Herrlichkeit sehen“ (Die Bibel, Johannes 17,24a).

Der letzte Wille Jesu meint uns, wir sind die lachenden Erben seiner Liebe, seiner Vergebung und seiner Auferstehung. Da kommt Freude auf, und Dankbarkeit breitet sich aus. Das ist alles für uns, was für ein Geschenk! Das ist das Testament, das uns gilt, wenn wir „ja“ sagen zu diesem großartigen Gott und zu der lebendigen Beziehung zu ihm, die er uns anbietet!

Wenn wir aber Gottes Kinder sind, sind wir auch Erben – Erben Gottes und Miterben mit Christus.“ (Die Bibel, Röm. 8,17a)

Ein gutes Urteil

Der internationale LaGuardia Airport ist nach dem ehemaligen New Yorker Bürgermeister Fiorello La Guardia (1882–1942) benannt, von welchem folgende Begebenheit erzählt wird:

La Guardia war manchmal vertretungsweise im Amt des Polizeirichters tätig. An einem kalten Wintertag wurde ein verwahrloster, frierender Mann zu ihm gebracht, der Brot aus einer Bäckerei gestohlen hatte. Der Obdachlose gab den Diebstahl zu und verteidigte sich: „Ich bin arm und muss meine Familie ernähren. Ich wollte nur meine Kinder versorgen und habe keinen anderen Weg gesehen, um Essen für sie zu beschaffen.“

La Guardia hörte ihm zu und erklärte, dass dieser Rechtsbruch geahndet werden müsse: „Ich verstehe ihre Situation, aber Recht muss Recht bleiben“, sagte er. „Das Gesetz sieht hier keine Ausnahme vor, und ich muss Sie zu einer Geldstrafe von zehn Dollar verurteilen.“

Dann griff er in seine Tasche, holte einen 10-Dollar-Schein hervor und stecke ihn dem Mann zu. Somit konnte dieser seine Strafe bezahlen und kam frei.

Die Zuhörer im Gerichtssaal waren überrascht, doch plötzlich wandte sich La Guardia an sie und sagte: „Weiters verurteile ich alle der hier Anwesenden zu einer Geldstrafe von 50 Cent. Und zwar dafür, dass sie in einer Stadt leben, in der ein Mensch Brot stehlen muss, um zu überleben.“ Der Gerichtsdiener sammelte das Geld ein und überreichte es auf Geheiß des Richters dem armen Mann. Mit fast 50 Dollar konnte er den Gerichtssaal verlassen.

Ein gutes Urteil. Die Bibel konfrontiert uns mit der Tatsache, dass jeder Mensch auf welche Art auch immer vor Gott schuldig ist: „Alle sind schuldig geworden und spiegeln nicht mehr die Herrlichkeit wider, die Gott dem Menschen ursprünglich verliehen hatte.“ (Röm. 3,23). Aber in seiner Rolle als Richter schafft Gott beides: Recht bleibt Recht, ohne Ausnahme. Und gleichzeitig bezahlt er selber die Strafe, die wir niemals leisten können. Im gleichen Atemzug setzt der soeben zitierte Bibelvers fort: „Aber was sich keiner verdienen kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns an, weil Jesus Christus uns erlöst hat. Gott allein ist gerecht und spricht den von seiner Schuld frei, der an Jesus Christus glaubt.“ (Röm. 3,24+26).